Wozu Denken?
Am Donnerstag, 22. März 2018, hat sich die erste kleine Runde um 19 Uhr im Schrifthof eingefunden. Käse, Brot und Rotweinbilden den Auftakt, noch ein wenig andiskutieren, warm laufen, die Denkspiralen ankurbeln, bevor wir ins Thema einsteigen. Vorneweg ging es zuerst um die Ausstellung von Basquiat in Frankfurt, seine Werke, seine Texte, dann der Schwenk zu Herzog & de Meuron, Elbphilharmonie, die Bögen der Berliner Philharmonie zitiert hoch oben über dem alten Speicher, wie wird sich wohl das neue Gebäude in Berlin einpassen ins Gesamtensemble, wird es wieder ein großes Werk oder diesmal eher, na ja, einfacher, ohne Konkurrenz zu den umliegenden Gebäuden.
Joachim führt uns dann unmittelbar zum Thema: Wozu denken? Was hat es mit dem Denken auf sich, hat jeder die Fähigkeit zu denken, was macht unser Denken aus? Wovon sprechen wir, wenn wir diese Frage stellen: wozu denken? Und wenn man sich dann morgens trifft und der andere sagt, ich habe mal darüber nachgedacht. Ist damit dann Tiefgreifendes gemeint?
Es ist schon das Tiefere, das Intensivere, nicht das Oberflächliche gemeint. Auch wenn jeder doch möglichst mehrere Worte mit Anderen austauschen muss, so ist mit diesem Denken nicht das so schnell dahin gesagte: denk mal darüber nach, gemeint. Nicht das Mahnende, Auffordernde, nicht das schon fast ein wenig Moralisierende. Es geht eher um den Impuls, den Gedanken, das, was in unserem Hinterkopf so gärt und plötzlich als erste Antwort vor uns steht, wir fassen es in Worte, formulieren, bringen den Gedanken zum Ausdruck, diskutieren mit jemandem darüber.
Denken meint hier das Erörtern, das eher auf einem abstrakten Niveau formulieren und austauschen können. Eine Idee neu aufbauen, umsetzen, in die Runde schmeißen. Und es ist auch das Zusammenfügen von Informationen aus unterschiedlichen Quellen, Blickwinkeln, Gedanken.
Mit anderen Worte austauschen, knüpft meist an das an, was man schon weiß, was sich ereignet hat, was schon gesagt wurde. Also ein Austausch von Bekanntem, Gesagtem, neu als Mitteilung, aber nicht neu im Sinne neu gedacht, erdacht. Es ist der gesellschaftliche Smalltalk, den man in solchen Runden pflegt. Manchmal unterhaltend, manchmal amüsant, und doch oft auch einfach „langweilig“.
Dagegen eine gute Unterhaltung, Gedankenanstöße, Austausch von Argumenten, gedankliche Herausforderungen, das Verknüpfen von Wissen, von absurd Erscheinendem, von Theorien. Wir sprechen, diskutieren, erörtern und kommen vielleicht erst nach einigem Nachdenken zu einem Ergebnis: „ich habe darüber noch einmal nachgedacht,…“ Das ist dieses andere, dieses suchende Nachdenken. Es ist der Auftakt zu einem neuen Gespräch, zur Fortsetzung des Begonnenen.
Wir können es, oder zumindest, können es lernen in der richtigen Umgebung, durch Förderung ringsum. Kann man denken lernen: ja, kann man auch im hohen Alter noch denken lernen? Ja, kann man. Und wir denken nicht nur in Worten, sondern auch in Bildern und Mustern. Wie und wo lernen wir Denken? In der Schule? Es sind sicher eher Menschen und Themen, die uns zum Denken bringen. Denken lernen im Alter? Ein gutes Beispiel ist sicher unserer Alt-Kanzler Helmut Schmidt, bei dem man den Eindruck hatte, je älter er wird, desto prägnanter und abstrakt-konstruktiver konnte er denken. Allerdings auch in seinem Rahmen und seiner Historie. Sicher hat es auch ein Stück immer mit unserer Historie und unserer Herkunft zu tun, in was wir verharren („Hamburg braucht keine Elbphilharmonie als neues Zeichen, Hamburg hat den Michel“).
Ein abstrakter Gedanke wird geboren und dann weitergetragen, ausformuliert, abstrakt-konstruktiv entwickelt. Inhalte unterschiedlicher Quellen und Herkunft werden aufgenommen, in Verbindung gebracht, verknüpft und etwas Neues daraus entwickelt. Nicht das Klein Klein, sondern das Verbindende, Verknüpfte, das Puzzle-Bild, was sich ergibt, und die Schlüsse, die man daraus zieht. K
Denken ja, bevorzugt dort, wo etwas Neues passiert, neue Töpfe, neue Gedanken, aus einem Anstoß heraus etwas Neues formuliert und zur Diskussion gestellt wird. Denken wird immer spannender, auch mit zunehmendem Alter. Denken funktioniert universell, zweckfrei, wertfrei.