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Geht´s noch? Die FDP-Europaspitzenkandidatin Strack-Zimmermann sagt über Bundeskanzler Scholz: „Nach drei Jahren stelle ich fest, dass er geradezu autistische Züge hat, sowohl was seine sozialen Kontakte in die Politik betrifft als auch sein Unvermögen, den Bürgern sein Handeln zu erklären.“ Man sollte erwarten, dass rednerisch geschulte Politiker*innen derartige Äußerungen unterlassen, mit denen sie Menschen mit Autismus dikriminieren. Auch nicht viel intelligenter äußert sich Richard Meng in seinem Kommentar in der FR vom 31. Mai 2024: „Klartext reden. Den unsäglichen Autismusschwätzern wie der FDP-Kampffrau den Spiegel vorhalten.“ Man hört solche Vergleiche nicht zum ersten Mal – auch, weil Behinderungen oder Erkrankungen immer wieder als Beleidigung genutzt werden. Das passiert oft einfach aus Gedankenlosigkeit – oder geht allmählich auch die natürliche Intelligenz verloren?

Gerade Menschen des öffentlichen Lebens und Amtsträger sollten eigentlich die Behindertenkonvention kennen. Die Bundesrepublik Deutschland hat die UN-BRK am 26. März 2009 in Deutschland in Kraft gesetzt, Sie ist seitdem geltendes Recht in Deutschland, welches von allen staatlichen Stellen umgesetzt werden muss.

Gerade wir erleben in unserem Projekt autArtis, dass staatliche Stellen (Schulen, Hochschulen und Jugendämter) die Rechte auch junger autistischer Menschen mit Füßen treten. Wie kann es sein, dass Amtsträgerinnen einer autistischen Studierenden an der PH die Fähigkeit absprechen, jemals als Lehrerin arbeiten zu können? Sie und selbst Professor*innen haben nicht verstanden, dass ein Hochschulstudium keine Berufsausbildung ist. Es ist der Weg zu einem akademischen Abschluss. Mit einem Hochschulzeugnis wird kein Abschluss einer Berufsausbildung attestiert. Welchem nichtbehinderten Studierenden würde von Amtsseite  solche Fähigkeiten streitig gemacht und die Studierfähigkeit abgesprochen, vor allem nicht, wenn er auch noch gute Noten erreicht?

Auch Menschen mit Behinderungen sind Träger*innen von Menschenrechten und der Staat ist in der Pflicht, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu achten, zu gewährleisten und zu schützen. Behinderung wird in diesem Verständnis als Bereicherung der menschlichen Vielfalt angesehen.

Und das erleben wir fast jeden Tag mit den autistischen Kindern und Jugendlichen. Welcher „normale“ Mensch kann schon fehlerfrei die Grenzen der europäischen Staaten seid dem 19. Jahrhundert aufzeigen? Wer ist in der Lage, bei einem strategischen Spiel zu behaupten, wer den ersten Stein setzt, hat gewonnen. Kommt und lasst es euch von unseren autistischen Kindern und Jugendlichen zeigen.

Unser Verein Schrifthof e.V. hat sich seit der Gründung auf die Fahne geschrieben, niemanden wegen einer Behinderung von einer Teilnahme an unseren Kursen, Workshops und Projekten auszuschließen. Auch unsere leider verstorbene Gründerin Jantje Janßen hat diese Offenheit gelebt. Wir erleben, welche ganz eigenen Fähigkeiten sie haben. Und oft staunen wir darüber.

In unserer Ausstellung zum 10-jährigen Jubiläum haben selbstverständlich auch die autistischen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ihren Bildern und Werken ihren Platz. Sie gehören dazu wie auch die anderen Gruppen, die sich der Kalligraphie, der Monotypie, dem Blaudruck, der japanischen Schrift, der Malerei oder Schmuckherstellung widmen.

Wir freuen uns, wenn möglichst viele unsere Jubiläumsausstellung am 29. und 30. Juni 2024 besuchen. Kommt und besucht uns und drückt damit aus, dass alle – eben auch autistische Menschen – ihren Platz in unserer Gesellschaft haben.