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Nur Liebesbriefe

Ein Fund auf dem Flohmarkt in Karlsruhe

Bei professionellen Flohmarkt-Händlern bin ich ja immer skeptisch. Sie verhalten sich wie im Kaufhaus: feste Preise, kein Verhandlungsspielraum und meist auch noch teuer. So strebe ich immer die Stände an, die eher privat und etwas unsystematisch aufgereiht ihre Waren anbieten.

So auch am vergangenen Samstag. Ein kleiner Fund war schon im großen Rucksack: alte Fotoplatten. Fast beim Ausgang dann der Stand mit den wohlgeordneten Postkarten. Eine kleine Schachtel mit der Beschriftung „Sammelsurium“ lockt mich an. Alte Ansichtskarten, Fotos, kleine Zettel, Quittungen. Der Händler sieht mein Wühlen und lädt ein: „Jeder Briefumschlag mit mehreren Teilen 1 EUR“. Das klingt vernünftig. Also noch einmal durchsehen. Und mit zwei Umschlägen in der Hand handle ich dann auf 1,50 EUR.

Gerade will ich mich schon abwenden, fällt mein Blick auf eine schwarze Box, aus der alte Briefumschläge herausschauen. Er sieht meinen Blick und lockt: „Die würde ich Ihnen gerne als Ganzes mitgeben!“. Neugierig schaue ich hinein, ziehe ein paar Briefe heraus und sehe: gesammelte Liebesbriefe an Louise. Und fast alles in Sütterlin geschrieben. Oh ja, das ist doch wieder etwas für den Kurs im Herbst. Also frage ich vorsichtig nach dem Preis: 12 EUR. Ich bin völlig überrascht. Ich biete 10 und bekomme den Zuschlag.

Erst zurück im Laden entdecke ich die kleine Schatztruhe: fein säuberlich durchnummerierte Briefe von Herrmann an Louise. Sie hat gesammelt und nummeriert: von 1 bis 80. Den Abschluss bilden die Einladungen zur Verlobung und zur Hochzeit inklusive der Menükarte.

Beim näheren Betrachten tun sich noch weitere Feinheiten aus der Sammlung auf. Der erste Brief sauber geschrieben und noch mit einem Siegel verschlossen. Mit zunehmender Zahl der Briefe werden Anrede und Inhalte vertrauter.