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Über uns …

Einfach weggegangen

Jantje Janßen ist tot

Plötzlich und völlig unerwartet ist Jantje Janßen am 10. Juli 2017  gestorben. Sie war allein zu Hause, ihr Wohngast Rodrigo und seine Freundin kamen gegen Mittag von einer Konzertreise zurück und fanden sie. Der herbeigerufene Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Vermutete Todesursache wohl ein Herzinfarkt.

Jantje hat um sich, ihre seelischen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen nie ein großes Aufheben gemacht. Sie war stark – und so wie wir sie erlebten und kannten –  sicher auch eine typisch norddeutsche Frau, die das Eigene trägt und mit sich ausmacht. Nach ihrem Tod drehten sich unsere  Gespräche um ihre Nöte, die sie in letzter Zeit hatte. Auf ihren morgendlichen und abendlichen Hundespaziergängen quälte sie zunehmen eine Atemnot. Sie verstand es immer, dies zu überspielen. Sie hat darüber den Lebensmut und ihre Neugier nie verloren. Wenige Tage vor ihrem Tod hat sie ihren 68. Geburtstag gefeiert und war fest entschlossen, wieder neue Schritte zu gehen. „Ich werde mich auf den Weg machen“, hat sie noch ein paar Tage nach ihrem Geburtstag geschrieben. Sie hat sicher einen anderen Weg gemeint.

Wir trauern um sie. Sie hat uns so viele Wege geöffnet, Schrift, Bilder, Farbe und Licht neu zu entdecken. Sie hat uns immer wieder die Bühne gezeigt, auf der sich unsere Experimente mit Schrift, Bild, Symbolen und Zeichen bewegen. Sie fehlt uns jetzt schon, und wir werden die Diskussionen, Gespräche und den Austausch mit ihr sehr vermissen.

Die Bühne ist leer … und tönt trotzdem von ihr

Zum Tod von Jantje Janßen

Sie hat ihn geliebt, diesen Ausdruck „Jeste“. In den Kursen mit Susanna Stammbach aus Basel hat Jantje diesen schweizerischen Ausdruck „Jeste“ gehört und am Anfang noch nicht verstanden. Erst als aus „Jeste“ eine „Geste“ wurde und damit sich Bühne und Raum für Schrift und Bild auf dem Papier öffneten, nahm sie „Jeste“ in ihr „Sprachlexikon“ auf. Bühne bekam eine neue Bedeutung.

Gerade noch vor ein paar Tagen hat sie im Schrifthof, in unserem Laden, eine Gruppe begrüßt, MitarbeiterInnen des Staatstheaters Karlsruhe. Sie kamen auf ihrem Gang durch die Karlsruher-Oststadt zu uns und Jantje empfing sie: „Ihr kennt Euch aus, die Bühne auf der gespielt wird. Auch wir haben eine Bühne, das ist unser weißes Blatt vor uns. Unsere Bühne auf der unsere Worte, Zeichen, Schrift auftreten.“ Und sie führte einen Auftritt auf der Bühne vor. Das Wort „Geschrei“ und ihre Frage dazu: „Was schreit mehr?“

Am 10. Juli 2017 ist sie von der Bühne abgetreten ohne einen Abschied, dazu war keine Zeit mehr. Unsere Gedanken folgen ihr auf ihrem Weg. Gerade in den letzten Tagen, bei ihrem 68. Geburtstag, hatte sie ihren Wunsch ausgesprochen, sich zu entlasten. Ihre zunehmende Atemnot hat sie vielleicht als den Druck wahrgenommen, der durch den Tod naher Freunde und durch eigene Sorgen auf ihr lastete. „Und im momentanen Gedankengang kann ich nur für mich gewinnen, wenn ich gehe.“ Sie hat es sicher nicht so gemeint, wie es nun passiert ist. Ihr Herz hat plötzlich einfach aufgehört zu schlagen.

Ihr großes Herz war für vieles so offen. Da war natürlich ihre Hündin Tomke, ihr Liebling, für die sie vorgesorgt hatte. Tomke hat an dem Morgen, als es passierte, sicher lange neben ihr gewacht, bis Jantje gefunden wurde.

Jantjes Begeisterung für Schrift, für das experimentelle Schreiben, für Bild und Farbe hat sie weitergegeben in unseren Kursen. Wie arbeiten wir auf dem Papier, unserer Bühne, mit Farbe und Licht, mit Leere und Spannung? „Malt einmal eine Tomate!“ hat sie die Aquarell-Gruppe herausgefordert und den TeilnehmerInnen den Blick für das Bild eröffnet.

Schrift und Schreiben, vor allem die Handschrift und die Verbindung von Kopf und Hand brachte sie immer wieder zum Ausdruck. Welche Verbindungen entstehen da? Wie lernen wir und schreiben unsere Erlebnisse in uns ein? Ihre vielfältigen Begabungen und Fähigkeiten hat sie in ihrem Leben intensiv ausgelebt und weitergegeben. Angefangen mit ihren Radierungen, über mehr als 20 Jahre hat sie mit ihrer Begeisterung für Grafik und Malerei, für Aquarell und Skulptur die KundInnen ihrer Modern Art Gallery in Karlsruhe erfreut und bedient. Der Umstieg und Einstieg in Atelier und Laden „Schrifthof“ wurde ihr immer wieder durch Krankheiten erschwert. Gerade einmal ein Jahr liegt nun seit der Renovierung und der Einweihung unseres Alten Ladens in der Gerwigstraße sowie dem Beginn der Kurse und Workshops zur experimentellen Kalligraphie zurück. Für viele Themen und Pläne ist ihr keine Zeit mehr geblieben.

Gerade in den letzten Monaten hat sie in den „Imaginären Landkarten“ ihre Wege nachgezeichnet und natürlich immer wieder von ihrem Aufwachsen und Leben in Wilhelmshaven erzählt. Der Norden, die See, das platte Land hat sie geprägt und angezogen – eine unendliche Sehnsucht war in ihr. Dorthin wird sie nun zurückkehren. Und unsere Gedanken begleiten sie.