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Denkbar

… vor allem achtet scharf, dass man hier alles dürfen darf.

Wozu Kunst?

Am Donnerstag, 20. Juni 2018, war es nun nach dem Neustart der zweite Abend in kleiner Runde. Und wieder begann es  um 19 Uhr mit Käse, Brot und Rotwein. Schon fast ungeduldig fieberten wir dem Thema entgegen. Aber bevor wir zum „Wozu?“ kamen, bat Monika zunächst um die Definition „Kunst“. Und dabei auch noch die Unterscheidung zwischen Prozess und Werk, und auch keine Beschränkung auf’s Malen, sondern die bildende Kunst in ganzer Breite. Malen, Skulptur, Tanz, Theater, Literatur, usw.

Und damit verbunden auch gleich die erste (vielleicht provozierende) Frage: ist Kunst nur das, was nicht Auftragswerk und damit auch nicht gegen Geld gemacht wird? Da konnten wir so nicht zustimmen, da wir zwar heute in der Welt des Kommerz leben und auch erleben, dass Kunstwerke heute eher als Wert-Anlage betrachtet werden. Und dann natürlich bevorzugt erst einmal Werke von den Künstlern, die im Markt etabliert sind oder die der Markt auch posthum zu Wert-vollen Werken hochgesteigert hat. Nur Werke sind Kunst – nur die, die ohne Geld als Gegenleistung hergestellt wurden?

Also: was ist Kunst? Die Werke und Ergebnisse eines Schaffensprozesses sind Kunst, die eine Kraft haben, uns berühren, in uns etwas bewirken. Vielleicht kann man auch sagen: Kunst sind die Werke, die für Betrachter*innen eine Aussage haben, sie bewegen, sie „ansprechen“, sie anziehen. Ist dann auch der Porträtmaler, der auf dem Markt sitzt, ein Künstler? Ist der Porträtmaler, der am Hofe tätig war und den Auftrag für ein Porträt des Fürsten bekam, ein Künstler? Ist der Porträtmaler, der das Porträt eher zur Karikatur wandelt, ein  Künstler? Also müssen wir doch abgrenzen.

Wenn ich so über einen Markt (z.B. Flohmarkt) laufe und dort einen Porträtmaler, eher einen Karikaturisten, und seine Werke sehe, zieht mich nichts an, eher langweilen mich die verschiedenen in Kohle oder Grafit gezeichneten Arbeiten. auf der anderen Seite gibt es auch im Museum Werke, vor dem so mancher steht und fragt: soll das Kunst sein? Das kann ich auch? Sicher gehört zu dem „kann ich auch“ noch die Technik, das Können, also schlicht auch das „Kunsthandwerk“. Aber Kunsthandwerk alleine macht noch keine Kunst. Vor dem „kann ich auch“ steht zumindest noch die Idee. Die Idee muss man erst Mal haben, dann kann man es vielleicht auch, sofern man das Handwerk versteht.

Karikatur, da gibt es sicher große Werke, die wir als Kunst betrachten. Wenn z.B. ein Oskar Kokoschka einen Adenauer porträtiert, so hat das sicher auch einen Zug hin zur Karikatur – zumindest den feinsinnigen tieferen Blick auf die Person. Etwas Charakteristisches und das mag sich zwar bei einem Markt-Karikaturisten in den überzeichneten Formen von Kopf, Nase, Augen, Kinn usw. ein Stück wiederfinden, nur dort ist es Teil des Kunsthandwerks und wiederholt sich von Porträt zu Porträt.

Was ist mit Comics? Kunst? Es mag sicher Comics geben, die Kunst sind. Aber nicht alle – es kommt letztendlich auf die Idee, auf die Umsetzung, auf das Neue, das Kraftvolle, das Interessante darin an. Idee und Inspiration.

Und dann spannt das Zitat den Bogen zur Anfangsbehauptung: Nicht-kommerzielle Kunst ist zu schlecht bezahlt. Und was wollte der Künstler? Na, verkaufen, oder? Also wird doch auch gern nach dem Markt gearbeitet – und dann – Ist das Kunst?

Und jetzt: Wozu Kunst?

Kunst drückt das Erlebte aus, das Wahrgenommene. Die Menschen in den Höhlen abstrahierten von dem Gesehenen und brachte die Bilder an die Wand, sicher noch nicht kunstfertig oder handwerklich beeindruckend, jedoch vom Ausdruck, von der Aussage, von dem Aufgenommenen bewegt und ausgelöst, es aufzuzeichnen. So die Höhlenmalerei von Lascaux, dazu zählen auch Figuren, kleine Skulpturen, ebenso auch Schmuck. Hier wird Kunst zum Ausdruck des Erlebten, Wahrgenommenen, Wirkenden. Ausdruck der inneren Bewegung. Es drückt Identität aus, eine Zustand und ein existentielles Bedürfnis: das Selbst kommt zum Ausdruck.

Und doch wird das Werk erst beim Betrachter und durch den Betrachter zur Kunst. das Werk berührt mich. Es setzt meinem Blick einen anderen Blick daneben. Es schließt auf. Denn ohne DAS sehen wir die Dinge, wie wir sie zu sehen gelernt haben und nicht, wie sie sind. Kunst öffnet für uns einen Empfindungsraum.  Aus dem Erleben wird ein Empfinden, die Empfindung durch die Verarbeitung wird zur Wahrnehmung, und die bewegt in uns, wir spüren sie und sie wirkt in uns, auf uns. Beteiligt sind daran alle Sinne und die Antenne für das richtige Erleben, Empfinden, Wahrnehmen, Spüren und Wirken. Aus dem Erleben, was jeder hat, wird über die die gezeigten Stufen ein Denken, was so (noch) keiner hat. Kunst bewegt uns, das Tatsächliche in den Blick zu nehmen (mit allen Sinnen) und es zu denken. Aus dem erlebten / gesehenen Bild wird eine Imagination. Mit den Sinnen aufgenommen und dann gedacht, bewirkt die Transsensualität den Übergang, sie bewirkt.

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